Stimulationseinheit STELLA setzt neue Maßstäbe für intelligente Implantate (13.11.2024)

Prof. Dr.-Ing. Christian Haubelt zeigt den Stimulator STELLA 4.0. © Foto: Franz Plocksties / Universität Rostock
Der Stimulator STELLA 4.0 im Vergleich zu einem Zwei-Cent-Stück. © Foto: Franz Plocksties / Universität Rostock

Der seit 2017 tätige Sonderforschungsbereich 1270 ELektrisch Aktive ImplaNtatE – „ELAINE“ der Universität Rostock hat sich zum Ziel gesetzt, mithilfe elektrischer Stimulation die Regeneration von Knochen- und Knorpeldefekten sowie die Therapie neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson oder Dystonie zu unterstützen. Trotz der Unterschiede dieser Krankheitsbilder und der notwendigen Therapieansätze gibt es dabei eine Gemeinsamkeit: Die Implantate müssen bei der Generierung der elektrischen Signale mit größtmöglicher Genauigkeit arbeiten und dabei nur wenig Energie verbrauchen, damit sie nur selten ausgetauscht werden müssen. Die Rostocker Antwort auf die daraus entstehenden Fragen lautet STELLA.

„Die aktuelle Version heißt STELLA 4.0 und ist nur ein wenig größer als ein Zwei-Cent-Stück“, berichtet Prof. Dr.-Ing. Christian Haubelt vom Institut für Angewandte Mikroelektronik und Datentechnik an der Universität Rostock. Der Stimulator könne deshalb problemlos implantiert werden. „Die wegweisende Systemarchitektur von STELLA 4.0 hat beeindruckende Ergebnisse in den Bereichen Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Miniaturisierung erzielt und setzt neue Maßstäbe im Vergleich zu herkömmlichen Ansätzen“, betont Haubelt. STELLA 4.0 biete Medizinern eine außergewöhnliche Flexibilität bei der Erforschung der Wirkmechanismen der Tiefen Hirnstimulation und der elektrischen Stimulation zur Regeneration von Knochen und Knorpeln.

„Ob Rechteck- oder Sinussignal mit verschiedensten Frequenzen und Signalstärken, STELLA 4.0 unterstützt die große Bandbreite der für die unterschiedlichen Anwendungen interessanten Signale“ erklärt Franz Plocksties, Doktorand und Mitentwickler von STELLA. Für diese Flexibilität setzt das Team um Professor Haubelt auf eine Software-programmierbare Lösung. „STELLA 4.0 enthält neben der Stimulationseinheit noch einen Kleinstcomputer für die Konfiguration und Überwachung der Geräteparameter“ ergänzt Plocksties.

Die Tiefe Hirnstimulation wurde in den 1980er Jahren entwickelt. Sie führte zu teils enormen Lebensverbesserungen für die Patienten. Durch sie könnten Symptome wie Tremor, Steifheit oder Bewegungsprobleme verbessert werden. Doch es ist bis heute nicht vollständig geklärt, welche genaue Wirkung die Stimulation auf die Gehirnaktivität hat. Mit STELLA 4.0 hat der Sonderforschungsbereich nun eine Möglichkeit, sich dieser Frage zu nähern. „Denn mit STELLA 4.0 können wir nicht nur Variable wie Stromstärke und Spannung individuell anpassen, wir können auch untersuchen, was an der Schnittstelle von Gewebe und Elektroden passiert“, führt Plocksties weiter aus.

Der wesentliche Vorteil hierbei ist, dass sich das Implantat auf diese Weise permanent selbst testet. „Dadurch sind die medizinischen Versuche in ELAINE viel besser zu reproduzieren“, sagt Haubelt. STELLA 4.0 sei noch nicht in der klinischen Anwendung, das Vertrauen der Mediziner in die Experimente sei aber bereits gestiegen. Denn die Studien laufen seither viel erfolgreicher ab. Durch die Auswahl aufeinander abgestimmter Elektronikkomponenten sei es gelungen, die theoretische Laufzeit des Stimulationssystems um mehrere Jahre zu erweitern - und dies bei unveränderter Batteriegröße.

Mit STELLA 4.0 könne nun der nächste Forschungsschritt angegangen werden. „Unser Ziel ist es, dass beispielsweise bei der Tiefen Hirnstimulation das Nachjustieren der Elektronik selbstständig übernommen wird, wenn es die medizinischen Gegebenheiten erfordern“, sagt Haubelt. Oder dass bei Knochenimplantaten über Widerstandsmessung das Zellwachstum bestimmt und dann die notwendige Ladungszufuhr individuell angepasst wird. „In diesem sogenannten Closed-Loop-System wird registriert, wie es dem Patienten geht - und dann wird ohne weiteres ärztliches Handeln nachjustiert. Das ist die große Zukunftsvision“, sagte Haubelt.

Hintergrund: Der Sonderforschungsbereich 1270 „ELAINE“

Im Sonderforschungsbereich 1270 „ELAINE“ forschen rund 80 Expertinnen und Experten hauptsächlich von der Universität Rostock und der Universitätsmedizin Rostock an neuen Technologien zur Regeneration von Knochen und Knorpeln oder der tiefen Hirnstimulation. Seit seiner Gründung im Jahr 2017 hat der Verbund bedeutende Fortschritte erzielt, wie beispielsweise die Entwicklung der miniaturisierten Stimulationseinheit STELLA 4.0. Diese Forschungen könnten nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Industrie von großer Bedeutung sein.

Eine weitere Verlängerung des Sonderforschungsbereichs „ELAINE“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bis 2029 wäre ein großer Gewinn für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die medizinische Forschung an den Standorten. Neben der Universität und der Universitätsmedizin Rostock sind die Universitäten und Hochschulen in Greifswald, Leipzig, Nürnberg-Erlangen, Mainz und Wismar an „ELAINE“ beteiligt.

Quelle und weitere Informationen:


Zurück zu allen Meldungen