Das bestätigt auch ihr Doktorvater, Professor Andreas Heuer. „Tanja ist nicht nur in der Forschung sehr gut, sondern bekommt auch überdurchschnittliche Noten in allen Lehrevaluierungen für ihre Übungen“. Ein Studierender habe während eines Corona-Semesters geschrieben, er hätte noch nie so eine interaktive Übung (online) erlebt wie die bei Tanja – obwohl eben alles „nur" über Videokonferenzen und interaktive Whiteboards stattfinden musste.
Üblicherweise seien Doktoranden entweder hervorragende Forscher, dann aber in der Lehre schwächer, weil sie eher introvertiert seien und Studierende nicht so gut begeistern, den Stoff nicht so gut erklären können, sagt Professor Heuer. „Oder sie sind hervorragend in der Lehre, können existente Techniken sehr gut erklären, sind auch kommunikativ, ihnen fehlen aber für neue Grundlagenforschung oft die entscheidenden Ideen, man muss sie dort als Doktorvater fördern und leiten“. Und wer in Forschung oder Lehre sehr gut sei, „ist oft in der universitären Selbstverwaltung weniger engagiert“. Tanja Auge hingegen verbinde alle drei Eigenschaften.
Die junge Forscherin will in ihrer Doktorarbeit herausfinden, welcher Teil der Quelldaten für ein berechnetes Ergebnis relevant war. Insbesondere bei großen oder schnell wachsenden Datensätzen können und sollen oft nicht alle erhobenen Daten für eine Auswertung genutzt werden. „Das wäre viel zu viel“. Deswegen bestimme sie die relevanten Daten und könne so beinahe jedes Ergebnis rekonstruieren. Diese Rekonstruktion unterliegt natürlich bestimmten Regeln. Die international geltenden FAIR-Regeln besagen, dass eine wissenschaftliche Veröffentlichung nur dann gut ist, wenn sie unter anderem nachvollziehbar und reproduzierbar ist. Tanja Auge verweist auf ihren Doktorvater, der stets argumentiere: Ein Fußballspiel ist nur dann nachvollziehbar, wenn die Entscheidung des Schiedsrichters für die Zuschauer Sinn macht.
„Es geht dabei um transparente Forschung“, betont Tanja Auge, die in verschiedenen Rostocker Chören singt, Tennis spielt, Gesangsunterricht nimmt und regelmäßig ein Fitnessstudio besucht. Wie sich das alles unter einen Hut bringen lässt? „Man braucht Struktur“, sagt die junge Nachwuchswissenschaftlerin, die fast immer ein Lächeln im Gesicht hat und Optimismus ausstrahlt. Sie liebt die Welt der Zahlen. „Mathematik macht vieles möglich“, sagt Tanja Auge, die neben der Arbeit in Forschung und Lehre, sich im Präsidium des Konzils der Universität Rostock, dem höchsten Gremium, engagiert und in der Graduiertenakademie Kurse gibt. Moralische Stütze ist ihr Freund Tom, der an der Uni Rostock den Master in Physik und Informatik gemacht hat.
Professor Heuer sagt: Normalerweise „treibe“ er jeden Doktoranden möglichst zu einer begutachteten Publikation pro Jahr. Das sei dann eine gute Basis für eine Promotion, die ja dann in eine schriftliche Dissertation – ein Buch von 200 bis 300 Seiten – münde. Gutachter schauen aber auch auf die Publikationslage vorher, anders bei Tanja Auge. Dazu ihr Doktorvater: „Tanja treibt ihre Ko-Autoren — unter anderem mich — im Jahr zu mehreren Publikationen, da sie alle Aspekte ihrer Dissertation möglichst weltweit begutachtet haben möchte. Sie sucht auch selbst nach Publikationsmöglichkeiten und nach wissenschaftlichen Kontakten“.
Sie konferiere selbstständig mehrfach im Monat mit führenden Forschern in ihrem Gebiet, etwa aus den USA. Für 2020 hatte sie eine Forschungsreise in die USA geplant, bei der sie auf einer Rundtour ihre internationalen Forschungskollegen besuchen wollte. Leider kam Corona dazwischen, jetzt besucht sie sie via Zoom.
Ihr Forschungsgebiet liegt in der Grundlagenforschung zu Datenbanksystemen, wo sehr viel mathematisches Spezialwissen als Grundlage für knifflige Probleme in der Verwaltung und Suche nach Informationen in großen Datenmengen erforderlich ist. „Das Gebiet hat sie sich selbst ausgesucht, nach dem Besuch einer meiner Vorlesungen, in denen ich hierzu offene Forschungsprobleme genannt hatte“, betont Professor Heuer. Ihr helfe bei diesem komplexen Thema natürlich ihr Doppel-Master in Mathematik und Informatik. Denn: Als es für sie nach dem Masterabschluss in Mathematik keine Doktorandenstelle gab, machte sie kurz entschlossen den Masterabschluss in Informatik. Dies gelang ihr trotz fehlendem Bachelorabschluss in der Regelstudienzeit.
Der Karriereweg von Tanja Auge verläuft bilderbuchhaft. Nach dem Bachelorabschluss in Mathematik an ihrer Heimat-Universität in Hamburg sei sie für Masterstudium auf der Suche nach einer neuen Universität gewesen. Ein Informationsbesuch an der Uni Rostock habe sie sofort überzeugt, hier weiter zu studieren. Warum? „Die Uni ist kuschelig und gemütlich, alles sehr persönlich“. Eine Studentin vom Fachschaftsrat habe ihr Rostock gezeigt und die Universität. Da klopfte sie auch an die Türen von Professoren, die alle ein offenes Ohr für ihre Fragen hatten. Das habe ihr imponiert. In Hamburg sei man nur eine Nummer, „an der Uni Rostock eine Persönlichkeit“. Text: Wolfgang Thiel
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